Max Kruse (1921 – 2015) konnte sein Studium in Jena wegen des Krieges nicht beenden. Nach der Enteignung in der DDR baute er die Puppenwerkstätte seiner Mutter Käthe Kruse in Westdeutschland wieder auf. Bekannt wurde Max Kruse neben zahlreichen Romanen, Reise- und Sachbüchern vor allem durch Kinderbücher wie »Der Löwe ist los« und »Urmel aus dem Eis«. Sein Werk wurden in viele Sprachen übersetzt und nicht zuletzt mit dem Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet.
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Herr Kruse, die meisten kennen und schätzen Sie als Autor von beliebten Kinderbüchern wie »Der Löwe ist los« und »Urmel aus dem Eis«. Doch nicht alle wissen, daß Sie der Sohn der berühmten Puppenmacherin Käthe Kruse sind. Haben Sie als Kind mit Puppen gespielt?
Max Kruse: Da muß ich Sie enttäuschen. Ich hatte zwar eine Puppe, aber die steckte meist mit dem Kopf nach unten im Schrank. Meine Mutter hat das übrigens nicht geärgert. Der Grund meines Desinteresses war wohl, daß ich einfach von zu vielen Puppen umgeben war. Es gab ja Hunderte in der Werkstatt. Dagegen liebte ich einen aufblasbaren Teddybären – und Bücher, Bücher …
Als junger Mann bauten Sie nach Kriegsende in Bayern zunächst die Puppenfabrik Ihrer Mutter wieder auf. Doch Sie träumten von einem Leben als Schriftsteller – nicht einfach in Zeiten, als es zunächst einmal galt, die eigene Existenz zu sichern und in ein normales Leben zurückzufinden …
Max Kruse: Den Wiederaufbau der Käthe Kruse Werkstätten begann ich zuerst in Bad Pyrmont. Erst 1949 zog ich mit meiner Firma nach Donauwörth, um sie mit einem dortigen Zweigwerk meines Bruders zu vereinen. Aber das Schreiben war immer mein eigentlicher Berufswunsch.
Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als Sie Ihr erstes gedrucktes Buch in den Händen hielten?
Max Kruse: Sicher. Es war ein Privatdruck meiner Gedichte, sofort nach dem Zweiten Weltkrieg, noch 1945 in Bad Kösen. Ich war natürlich sehr stolz. Mein erstes Kinderbuch Der Löwe ist los erschien 1952 – heute eine bibliophile Rarität. Damals gab es noch wenige neue Kinderbücher.
Ihre Mutter machte Puppen. Sie haben am Anfang Bücher für Kinder geschrieben. Ein Zufall?
Max Kruse: Ja, ein großer Zufall. Meine Mutter wollte 1947, also direkt nach dem Zweiten Weltkrieg eine kleine Buchserie mit Farbphotos ihrer Puppen und Steifftiere herausbringen und bat mich um eine kleine Geschichte. Ich suchte mir besonders hübsch angezogene Puppen und Stofftiere aus einem großen Haufen heraus und stellte sie vor mir auf. Dann wartete ich auf Eingebung. So wurde Der Löwe ist los geboren.
Der in diesem Herbst im Thiele Verlag erscheinende Roman Die Tage mit Jantien ist die Geschichte einer intensiven Liebe in der Zeit kurz nach dem ZweitenWeltkrieg. Der Held ist ein junger Mann, der eine unwiederbringliche Begegnung mit einer Frau hat, die Verzauberung und Poesie in sein Leben bringt. Es ist nicht schwer zu erraten, wer dieser junge Mann ist. Denken Sie heute noch an Jantien? Und schließt sich mit dieser Erzählung ein Kreis im Leben des Schriftstellers Max Kruse?
Max Kruse: Ich denke so oft an Jantien wie ich an das Urmel denke und an viele andere meiner Geschichten. Kreise schließen und öffnen sich wieder. So ist das Leben.
Was ist für Sie das wichtigste, was eine Frau einem Mann geben kann?
Max Kruse: Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Jede ist zu wenig. Wer wollte schon ohne Liebe, Zärtlichkeit, Wärme, Zuneigung, Geborgenheit leben? Und … und … und …
Herr Kruse, Sie feiern nächstes Jahr Ihren 90. Geburtstag und schauen auf eine lange und bewegte Zeit zurück. In Ihrem Roman stößt man auf viele lebenskluge Sätze, die sich durch große Wahrhaftigkeit auszeichnen. Würden Sie sich als weise bezeichnen?
Max Kruse: Weisheit ist ein zu großer Begriff. Lebenserfahrung trifft es wohl besser, wobei eingeschränkt werden muß, daß jedes Leben und jedes Individuum durch andere Begegnungen und Erfahrungen geformt wird. Ich habe sehr viel Glück gehabt, nicht nur in der »Auswahl« meiner Eltern, sondern auch durch die Bekanntschaften und Freundschaften mit vielen, ganz besonderen Menschen, Männern und Frauen – Kinder nicht zu vergessen.
Mit den Abenteuern von Urmel aus dem Eis, dem unvergeßlichen »Löwen« und der Blechbüchsenarmee sind ganze Generationen von Jungen und Mädchen aufgewachsen. Gibt es einen Satz, den Sie uns groß Gewordenen heute mit auf den Weg geben möchten?
Max Kruse: Hört nicht auf zu spielen, hört nicht auf zu hoffen, hört nicht auf zu lieben.
Das Interview führte Daniela Thiele.
Max Kruse • 1921 in Bad Kösen/Saale als Sohn der Puppenmacherin Käthe Kruse geboren • Abitur in Weimar • Studium der Philosophie und Politikwissenschaft bis zur Schließung der Universität Jena im Krieg • Nie Soldat • Wiederaufbau der in Ostdeutschland enteigneten mütterlichen Firma in der Bundesrepublik Deutschland • Werbetexter • Seit 1958 freier Schriftsteller • Bekannt durch die Kinderbuch-Klassiker Der Löwe ist los und Urmel aus dem Eis • Verfilmungen durch die Augsburger
Puppenkiste • Biographien Die versunkene Zeit und Die behütete Zeit • Vierbändige Evolutionsgeschichte Im weiten Land der Zeit • Reisesebücher über Asien, Ägypten und China • Mitglied des P.E.N.-Club • Träger des Bundesverdienstkreuzes • Auswahlliste Deutscher Jugendbuchpreis • Kulturpreis Penzberg 1999 • Großer Preis 2000 der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur • Werner-Egk-Kulturpreis der Stadt Donauwörth 2005 • Verheiratet mit der chinesischen Künstlerin Shaofang • Lebt in Oberbayern
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